Yesterday | Jan Stey

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„… all my trouble seemed so far away…“. Er steht an den Kühlschrank gelehnt und nippt an seinem Kaffee. Draußen regnet es. Das Radio auf dem Kühlschrank bringt alte Hits. Scheißwetter. Er geht zu dem kleinen Tisch am Fenster. Statt sich zu setzen, starrt er in die Regenschleier. Gedanken formen sich und zerplatzen. Ein miserabler Tag, um zu arbeiten. Ein miserabler Tag für alles. Es ist alles grau, nichts stimmt mehr. 


Alle inneren Aufmunterungsversuche sind vergeblich. Er verliert sich in seiner Miserabilität. Wenn sie hier wäre… Wenn alle hier wären…

Ein Tag, an dem das Wetter alle Energien des Körpers und des Willens lahmlegt, an dem selbst die einfachsten Aufgaben sinnlos scheinen, an dem man stiert und versinkt, tagträumt und nichts mehr mit sich anzufangen weiß, als die grundlegendsten Tätigkeiten auszuführen: aufstehen, anziehen –zumindest halbwegs, Kaffee kochen. Nachher, vielleicht, etwas zu Essen machen. Vielleicht auch nur essen, was noch da ist: Kekse, Chips, Erdnüsse, Nudelreste aus dem Topf auf dem Herd in der Ecke.  

„Vernünftig wäre, sich jetzt zusammenzureißen“, denkt er und setzt sich auf den Stuhl, der an dem kleinen Tisch am Fenster steht. Nichts geschieht. Er klappt den Laptop auf und öffnet ein Programm. Immer noch nichts. Er starrt den Computer an, dann den Regen und dann pflichtbewusst wieder den Bildschirm. Er will ihn schließen, hält aber auf halben Weg inne und klappt ihn wieder auf. Er könnte Musik anmachen. Auf dem Weg zum Icon stoppt der Cursor: Es läuft ja bereits Musik. „Now I need a place to hide away…“.

Was soll’s, dann legt er sich eben wieder ins Bett und hört dem Radio zu. Alte Hits zu hören, passt ohnehin am besten zu seiner reminiszenten Stimmung und wenn er die Lieder nicht selbst auswählen kann, wird ihn auch nicht jeder Song schon nach ein paar Sekunden nerven.

Er lässt sich auf das Bett sinken, schiebt aber das Kissen hinter den Rücken – schlafen will er nicht. Das Radio hat er lauter gedreht, trotzdem hört es sich entfernt an. Die tausend ungelesenen Bücher um ihn herum frustrieren ihn. Er könnte so viel machen in diesem Moment, nachdem er sich ohnehin entschieden hat, nicht zu arbeiten. Endlich einmal das, was er die ganze Zeit im Hinterkopf hat. Ein verlorener Tag.

Verrückt, dass der Arbeitstitel von „Yesterday“ eigentlich „Scrambled Eggs“ hieß. Der Gedanke amüsiert ihn, als er sich den Refrain vorstellt. Dann bekommt er Hunger. Er steht auf, geht in die Küche – das Radio ist mittlerweile schon weit in die Achtziger vorgerückt – und findet, was er sucht. Ein bisschen Olivenöl, ein paar gewürfelte Stücke Wurst und drei Eier. Gutes Frühstück, auch wenn es schon fast Mittag ist.

Nach dem Essen beschließt er, nach draußen zu gehen. Mittlerweile nieselt es nur noch leicht. Ladenfenster, eine portugiesische Bäckerei, Backsteinhäuser. Er geht, aber besser wird seine Stimmung nicht. Nur die frische Luft tröstet ihn ein wenig. Abseits von Straßen und Autos biegt er in den kleinen Weg durch die Kleingartenanlage ein. Im Sommer kam er hier ein paar Mal beim Joggen durch.Verdammt lange her, der Sommer. 


Zurück zu Hause gießt er sich noch eine Tasse kalte French Press Brühe ein. Mit genügend Milch schmeckt es wie Frappé. Den hatte sie immer an heißen Tagen getrunken. Der Song klingt in seinem Inneren nach: „Oh I believe in yesterday…“. Er schaltet das Radio ein – irgendeine Besprechung von irgendeinem Thema. Er schaltet aus, geht zum Computer, macht eine Playlist an und schaut wieder aus dem Fenster. Regenschleier. Was bleibt, ist der Geruch von Kaffee und die Erinnerung.

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