Brandschutz am Vulkan

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Ein Beitrag zur Bundestagswahl 

von Philip Steinheuser – für die PuG-Redaktion

Bundestagswahlen sind für gewöhnlich der Zeitpunkt, große politische Weichenstellungen zu treffen. Nicht selten wird daher beschworen, die anstehende Wahl sei eine wichtige, womöglich generationenentscheidende. Nicht selten stimmt das auch. Selten aber bündelt sich in Bundestagswahlen eine derartige Menge zu beantwortender Fragen und relevanter Themen wie in diesem Jahr.  

Angefangen bei der Erwärmung des Weltklimas, über die deutsche und europäische Außenpolitik im Nahen Osten und Asien, hin zur zunehmenden Digitalisierung unserer Lebens- und Arbeitswelt – die Fragen drängen. Leider allerdings scheinen wenige bereit, sie zu stellen, und noch weniger willens darauf zu antworten. Der Wahlkampf in Deutschland kreist um Plagiate in Büchern, die die meisten nicht gelesen haben und Fehler in Lebensläufen, die die meisten nicht interessieren. Wer möchte man fragen, kann sich ernsthaft dafür begeistern, wer möchte man fragen, lässt sich ernsthaft damit zufrieden stellen?  

Die klimatischen Bedingungen weltweit haben wie schon in den vergangenen Jahren deutlich gemacht, dass der Klimawandel nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland längst gegenwärtige Realität geworden ist. Warum die Generationen, die über die größten wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Ressourcen in der Geschichte der Menschheit verfügen, trotz aller Vorwarnungen sehenden Auges in eine wirtschaftliche, ökologische und humanitäre Katastrophe hineinlaufen, wird künftigen Historikern Rätsel aufgeben. Schon derzeit werden Bedenken an der Fähigkeit der demokratischen Gesellschaft laut, mit langfristigen Entwicklungen umzugehen. Der Einzelne, so lautet das Argument, sei nicht in der Lage Einschränkungen hinzunehmen, um Folgen abzuwenden, die an anderen Orten, zu anderen Zeiten andere treffen. Was geschieht, wenn wir den Glauben an die Fähigkeit des Einzelnen verlieren, seine Welt zu verstehen und entsprechend zu handeln? 

In Ungarn startet bereits der Versuch einer illiberalen Demokratie, was gefährlich anmutet wie die Tyrannei der Massen. Auch im nicht europäischen Ausland steht die demokratische Ordnung auf dem Prüfstand. Die erschütternden Bilder aus Afghanistan demonstrieren ein nicht zu beschönigendes Scheitern des Westens. Wo will der Westen sich militärisch noch glaubhaft engagieren, wenn er die zurücklässt, die für ihn den Kopf hingehalten haben? Der wirtschaftliche und militärische Aufstieg Chinas, stellt die westliche Demokratie zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges vor die Herausforderung mit einer nicht demokratischen Weltmacht umzugehen.  

Zudem schreitet die Digitalisierung immer weiter voran: Autonomes Fahren, das Internet der Dinge und der Einsatz von künstlichen Intelligenzen, um nur ein paar zu nennen, werden sich in allen Bereichen bemerkbar machen. Es wird Zeit darüber zu reden, wie wirtschaftliche Sicherheit für den Einzelnen und Zusammenhalt in der Gesellschaft zu gewährleisten sind, wenn durch technologische Entwicklungen massenhaft Arbeitsplätze zu entfallen drohen. Der Übergang in eine neue Form der Wirtschaft muss gemeistert werden und es wird mächtig knarzen im Gebälk der sozialen Ordnung. 

Die Demokratie, sie ist gefordert.  

Aber: Wir sind davon überzeugt, dass diese Probleme überwunden werden können. Wir sind davon überzeugt, dass diese Probleme auch in einer Demokratie überwunden werden können. Gleichermaßen ist es unsere feste Überzeugung, dass die demokratische Problemlösung eine ernsthafte Debatte über Inhalte und den Wettbewerb der Ideen erfordert. Jede Debatte, die daran vorbeigeht, verkennt, dass der Einzelne nur dann seine politische Zukunft bestimmen kann, wenn er über diese informiert ist.  

Eine Politik, die die wesentlichen Probleme des Landes ignoriert, sich in Scheindebatten ergeht und den Bürger aus dem politischen Diskurs ausschließt gleicht dem Brandschutz am Vulkan. Aus diesem Grund bieten wir auf den folgenden Seiten den politischen Hochschulgruppen der Bucerius Law School Raum, die Ideen und Konzepte ihrer jeweiligen Parteien vorzustellen.